Y: The Last Man (TV-Serie, 2021) (2024)

Wie sähe unsere Welt aus, wenn einzig und allein Frauen das Sagen hätten? Wäre sie womöglich ein viel besserer Ort? Diese Fragen schwingen in der Serie Y: The Last Man ständig mit, die, basierend auf Brian K. Vaughans gleichnamiger Comicreihe, ein fruchtbares Untergangsszenario beschreibt. Dass die Gesellschaft, wie wir sie kennen, nicht mehr existiert, verdeutlichen schon die ersten Bilder: Tote Tiere liegen achtlos in der Landschaft herum. Zu sehen sind menschenleere Straßen und beschädigte Fahrzeuge. Die aus vielen anderen Dystopie-Werken vertraute Ästhetik der Trostlosigkeit schlägt auch in diesem Fall voll durch. Vor drei Wochen, so verrät es ein Texthinweis, hat ein gravierendes Ereignis die alte Ordnung weggefegt und Chaos hinterlassen.

Nur wenig später springt die von Eliza Clark (Animal Kingdom) entwickelte Adaption in der Zeit zurück und führt uns zum Tag vor der großen Katastrophe. Yorick Brown (Ben Schnetzer) begegnet uns hier als verplanter Entfesselungskünstler, dessen Durchbruch auf sich warten lässt. Weil ihn noch keine berufliche Verpflichtung wirklich bindet, ist es für ihn selbstverständlich, dass er seine Freundin Beth (Juliana Canfield), eine Dozentin, nach Australien begleiten wird. Sein linkisch vorgebrachter Verlobungsantrag endet jedoch eher desaströs. Als am nächsten Morgen auf wundersame Weise alle Lebewesen mit einem Y-Chromosom unter starkem Nasenbluten tot umkippen, bleibt ausgerechnet Yorick verschont und macht sich, permanent Videos seiner Angebeteten konsumierend, in der plötzlich von Männern entvölkerten Welt auf die Suche nach Beth. Stets an seiner Seite: sein Haustier, das ebenfalls nicht verstorbene Kapuzineräffchen Ampersand.

Suggeriert der Titel, Yorick sei der Dreh- und Angelpunkt der Handlung, ist es durchaus überraschend, dass sich die zehnteilige Serie, zumindest in den für diesen Text gesichteten Folgen eins bis sechs, stärker als die Comics auch anderen Figuren zuwendet. Der Last Man mag in der neuen, von Y-Chromosom-Trägern befreiten Realität eine Besonderheit, ein gejagtes Objekt der Begierde sein (Stichwort: Fortpflanzung). Immer wieder verlässt die Showrunnerin aber seinen Weg, um das Schicksal anderer Betroffener in den Blick zu nehmen. Menschen wie Yoricks Mutter Jennifer (Diane Lane), eine Abgeordnete, die sich nach dem Tod des US-Machthabers (Paul Gross) und aller übrigen Männer in der Amtsreihenfolge auf einmal an erster Stelle wiederfindet und aus dem verbarrikadierten Pentagon heraus als neue Präsidentin versucht, mit ihren Helferinnen die unübersichtliche, durch aufgebrachte Proteste und Verschwörungsnarrative verkomplizierte Lage in den Griff zu kriegen. „Wiederaufbau“ ist das Zauberwort, das die mit der notwendigen Entschlossenheit auftretende Diane Lane mehrfach in den Mund nimmt. Der Kultur misst sie dabei – diese Randnotiz sticht im Wissen um die Corona-Wirklichkeit ins Auge – fürs Erste keine große Bedeutung zu, wie ihre Ansage: „Scheiß auf die Kunst!“ verrät.

Einen Konflikt im Pentagon schürt vor allem Kimberly Campbell Cunningham (Amber Tamblyn), die Tochter des Amtsvorgängers, der es ganz und gar nicht schmeckt, dass Jennifer ihre Rolle beherzt annimmt und die durch das Ableben ihres Mannes gezeichnete ehemalige First Lady (Paris Jefferson) komplett außen vor lässt. Zusätzliche Brisanz erhält das zunächst nicht offen ausgetragene Kräftemessen dadurch, dass sich zwei unterschiedliche Frauenbilder gegenüberstehen. Jennifer verkörpert, so erfahren wir, eine feministische, liberale Sichtweise, will erst einmal die Krise der Gegenwart bewältigen, anstatt das Morgen durchzuplanen, während die konservative Kimberly den patriarchalen Strukturen nachtrauert. „Ohne Männer gibt es keine Zukunft“, kommentiert sie an einer Stelle und bringt damit ihre Haltung plakativ zum Ausdruck. Wie sehr Frauen von manchen Berufsfeldern abgeschnitten sind, was nach dem rätselhaften Unglück für handfeste Probleme sorgt, klingt mehrfach an. Der kritische Blick auf die Ungerechtigkeiten des alten Systems hätte aber sicher noch etwas bissiger und tieferbohrender ausfallen können.

Heimlicher Star der ersten sechs Episoden ist die Energie, Unberechenbarkeit und Charisma verströmende Agentin 355 (eine Wucht: Ashley Romans), deren Hintergrundgeschichte nach der sechsten Folge noch im produktiven Sinne nebulös bleibt. Im Auftrag einer ominösen Organisation gelangt sie im Auftaktkapitel als Secret-Service-Kraft ins Pentagon, entwickelt sich fortan zu einer engen Vertrauten Jennifers und nimmt irgendwann mit dem zu seiner Mutter geholten Yorick eine riskante Rettungsmission in Angriff. Mehr als einmal muss sich 355 über die Naivität und Verantwortungslosigkeit ihres Begleiters ärgern, der einem Kleinkind gleich ständig seinen Platz verlässt, wenn er sich eigentlich nicht regen soll. Die Scharmützel der beiden impfen der größtenteils ernsten, bedrückenden Atmosphäre, vor allem dank Romans‘ entgeisterter Reaktionen, etwas von der Komik ein, die in den Vorlagen deutlich ausgeprägter ist. Durchaus zum Schmunzeln, allerdings ein wenig forciert, sind die lässig-ironischen Sprüche, mit denen der Last Man mitunter der Endzeit und seiner Rolle darin begegnet.

Ein weiterer Strang dreht sich um Yoricks Schwester Hero (Olivia Thirlby), die auf ihre Weise mit dem Leben hadert und kurz vor dem geheimnisvollen Massensterben etwas tut, was ihr Gewissen schwer belastet. Einen besonderen Reiz bekommt ihre Reise nicht zuletzt, weil Serienschöpferin Eliza Clark hier den in den Comics noch weitgehend unter den Tisch gekehrten Gedanken der Diversität aufgreift. Wie es in einer Welt, in der es alle Lebewesen mit Y-Chromosom dahinrafft, Transgender-Personen ergeht, wird am Bespiel Sam Jordans (gespielt von trans Mann Elliot Fletcher), dem Weggefährten Heros gezeigt. Den Weg der beiden kreuzen ab einem gewissen Punkt die für die frühere Regierung als Presseberaterin arbeitende Nora Brady (Marin Ireland) und deren Tochter Mackenzie (Quincy Kirkwood).

Die Gewalt, psychischer und physischer Natur, unter der nicht wenige Frauen zu leiden haben, ist Thema, wenn das Quartett auf eine verschworene, sektenartige Gemeinschaft trifft, die von einer Ex-Polizistin (Missi Pyle) angeführt wird und entfernt Erinnerungen an den Kommunenalbtraum Midsommar heraufbeschwört. Manche Passagen mit Angehörigen der Schwesternschaft zehren ordentlich an den Nerven und zeichnen sich durch eine irritierende Ambivalenz aus. Einerseits imponieren das Gefühl der Zusammengehörigkeit und das in einer Nacktszene zum Vorschein kommende Credo „Alle sollen sich so lieben, wie sie sind“. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass hier alte Gewaltformen durch neue ersetzt werden.

Die Grundkonstellation von Y: The Last Man ist spannend. Und die ohne Hektik entfalteten Story-Fäden halten trotz einiger bekannter Endzeitmotive das Interesse konstant aufrecht, sind bisweilen aber etwas eigenwillig arrangiert. Statt in jeder Folge allen Teilegeschichten Aufmerksamkeit zu schenken, lassen die Macher*innen manche Figuren vorübergehend fallen, um sie in späteren Episoden wieder in den Fokus zu rücken. Im Ergebnis wirkt die Erzählung nicht ganz flüssig – Anreize zum Weiterschauen setzt die konsequenterweise auch hinter der Kamera überproportional weiblich bestückte Serie dennoch reichlich.

Y: The Last Man (TV-Serie, 2021) (2024)

FAQs

Why did Y: The Last Man fail? ›

In January 2022, Clark revealed that the series was permanently canceled as it failed to find a new network. In February 2022, FX Chairman John Landgraf referred to a "really steep decline" in viewership over the course of the show's run as the reason for its cancellation.

Will there be a season 2 of Y: The Last Man? ›

The 10 Best Small-Town Supernatural TV Shows, Ranked

Y: The Last Man is officially not returning for a second season. After being taken off FX on Hulu's slate of content, the series was looking around for a new home network. Unfortunately, it was not picked up and will not be returning to tell more of its story.

Why did Yorick survive in The Last Man? ›

Yorick and Ampersand develop a close bond, and the monkey also bonds with other characters as well. It is suggested in Y: The Last Man #30 that Ampersand is a genetic mutation, and contact with his feces is actually the reason Yorick survived the Plague.

What caused the apocalypse in Y: The Last Man? ›

General Alter): the Culper Ring created a chemical agent designed to prevent women from conceiving male children. This agent was introduced into China to cripple their economy; however, something went wrong, and the chemical agent instead killed males of all ages.

How is Yorick still alive? ›

Immortality: Much to his dismay, Yorick is immortal. There is no known way to permanently kill him. Magical Control: Yorick can control elements of the Black Mist and the dead to his will. Mist walkers: Yorick can summon dead souls to do his bidding.

Why did Hulu remove Y: The Last Man? ›

According to a report by Deadline, Disney is about to remove dozens of series (and a few films) from both streaming services, including Willow, Y: The Last Man, and Turner & Hooch, as part of the entertainment giant's broader cost-cutting measures.

What happened to the last Y? ›

FX chairman John Landgraf said Thursday that he wasn't happy about the call, but a “really steep decline” in audience over the course of the show's run led to the cancellation. (Y: The Last Man streamed on FX's hub on Hulu, so detailed audience information isn't publicly available.)

What is the series Y: The Last Man based on? ›

A drama based on DC Comics' acclaimed series by Brian K. Vaughan and Pia Guerra, Y: The Last Man traverses a post-apocalyptic world in which a cataclysmic event decimates every mammal with a Y chromosome but for one cisgender man and his pet monkey.

How many volumes of Y: The Last Man are there? ›

Y is a dystopian science fiction comic book series by writer Brian K. Vaughan and artist Pia Guerra. It was published in sixty issues by Vertigo, of DC Comics, beginning in 2002, then published as collected editions in ten paperback volumes, followed by a series of five deluxe hardcover volumes.

How did Y the Last Man end? ›

Yorick doesn't believe her, and realizes that Alter wants to die, and has been trying to get him, the last man, to kill her. He refuses to do so and gives her to her troops, who leave Paris. In the end, Hero and the Beths are reunited with a devastated Yorick and find out about 355's death.

Is Yorick a girl? ›

Yorick is a masculine name of Scandinavian origin with roots that span as far and wide as England and Ancient Greece.

Where does Yorick live? ›

Trapped on the Shadow Isles, his only companions are the rotting corpses and shrieking spirits that he gathers to him. Yorick's monstrous actions belie his noble purpose: to free his home from the curse of the Ruination.

How was Apocalypse killed? ›

They tracked Apocalypse to his birth place in Egypt, where Summers, now an amalgamation of himself and Apocalypse, fought them. Ultimately, Jean was able to physically rip Apocalypse from Summers' body using her mental powers, and Cable destroyed Apocalypse's essence with his own telepathic powers.

Why did the Apocalypse become evil? ›

He survived the assault and tried to flee along with Nur, a woman he had fallen in love with, but she rejected him out of fear of his appearance. This was the last straw for Apocalypse and he went into a rage, unleashing his mutant abilities and forcing Rama-Tut to flee as he went on a rampage.

Why did everyone disappear in last man on Earth? ›

Dead bodies, after the Virus. The Virus is a highly contagious and highly deadly disease that wiped out humanity spare for a handful of survivors. The Virus has no known origin and seems to affect all animals (including humans) and insects.

Why did they end The Last Man on Earth like that? ›

Unfortunately, The Last Man on Earth's ratings were never strong enough to maintain the high-concept production, and the show was ultimately canceled after its fourth season.

Why has The Last Man on Earth been Cancelled? ›

The Will Forte-starring sitcom The Last Man on Earth ran for four seasons before it was ultimately cancelled, and while it featured a number of hilarious people both behind the scenes and in front of the camera, it never quite earned the ratings necessary at Fox to keep the concept running.

Why did everyone disappear in last man on earth? ›

Dead bodies, after the Virus. The Virus is a highly contagious and highly deadly disease that wiped out humanity spare for a handful of survivors. The Virus has no known origin and seems to affect all animals (including humans) and insects.

Is Y: The Last Man still airing? ›

After a long journey to the screen that included showrunner and casting changes and a pandemic-related delay, FX's Y: The Last Man only lasted one season. It was canceled while Season 1 was still airing, a couple of weeks before the Nov. 1 finale on Hulu.

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Author: Otha Schamberger

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