H-Boot: Cruiser/Racer ist gebraucht und als Neubau ein Hitpaket (2024)

Themen in diesem Artikel

  • Gebrauchtboot-Steckbrief
  • Was Käufer beachten sollten
  • Modellhistorie
  • Marktsituation
  • Die Messwerte zum Test des H-Bootes
  • Das H-Boot im Detail
  • Preis und Werft
  • YACHT-Bewertung des H-Bootes

Anno 1967. Wirtschaftskrise, der Vietnam-Krieg tobt, Elvis Presley heiratet, das Farbfernsehen feiert in Deutschland Premiere, der erste Geldautomat in England. Marcus Söder, Jürgen Klopp und Boris Becker werden geboren. Vivien Leigh, Che Guevara und Konrad Adenauer sterben. In Kapstadt transplantiert Dr. Christiaan Barnard zum ersten Mal ein Herz, die Formel 1 fährt die letzte Saison ohne Flügel.

Und in Helsinki entwirft Hans Groop, hauptberuflich tätig als Ingenieur und PR-Chef auf der Berufsschiff-Werft Wärtsilä, das Boot, welches das Initial seines Vornamens als Bezeichnung trägt. Anderen Überlieferungen zufolge soll das H für die griechische Göttin Hestia stehen. Ihr wurde eine seltene Kombination von ausgeprägter Schönheit und nobler Zurückhaltung nachgesagt. Der Name wird zum Programm werden.

Weitere Gebrauchtboote im Test:

  • Contest 34: Solides Reisen, gediegenes Wohnen im Gebrauchtboot-Test
  • Hanse 370: Hanses Hammer mit Potenzial zum GFK-Klassiker im Gebrauchtboot-Test

Groop hatte seinen Auftrag letztlich dem Nordischen Folkeboot zu verdanken, der bis dato erfolgreichsten Einheitsklasse. 1967 galt mit Glasfaser verstärkter Kunststoff als noch nicht ausreichend erforschtes Bootsbaumaterial. Groop hatte sich jedoch bereits als Fachmann auf diesem Gebiet einen guten Ruf erworben.

Der traditionsreiche und heute noch sehr aktive Club Helsingfors Segelsällskap beauftragte ihn, „ein schönes modernes Boot zu zeichnen, eine Art zeitgemäßes Folkeboot, das nicht unter den Beschränkungen einer Konstruktion aus Holz leiden und schnell segeln sollte“, so die internationale Klassenvereinigung.

Im ersten Jahr entstanden 15 Schiffe. 1968 baute der finnische Hersteller Artekno bereits 40 Einheiten. Hinzu kamen Lizenznehmer wie Botnia, Elvstrøm, Ol/Ott, später Frauscher in Österreich. 1973 tauchte das erste H-Boot in Deutschland auf. Europaweit segelten da bereits 500 Einheiten. 1976 ging die Neue bei der Kieler Woche an den Start. 1977 erhielt sie vom Welt-Seglerverband, der damals noch IYRU hieß, den Segen zu einer Internationalen Klasse. Bis heute wurden rund 5300 H-Boote gebaut. Damit ist es das am zweithäufigsten gefertigte bewohnbare Kielboot, nach der US-amerikanischen J 24, die ganze 5500-mal hergestellt wurde.

Verlagssonderveröffentlichung

H-Boot ist Cruiser/Racer der ersten Stunde

Der Erfolg stützt sich im Wesentlichen auf den dualen Nutzen. Das Boot taugt zu Regatten im fairen Einheitsklassen-Vergleich auch auf sehr hohem Niveau einerseits und zum sportlichen Fahrtensegeln andererseits. Somit handelt es sich bei dem H-Boot um einen der ersten Cruiser/Racer. Obendrein ist es hübsch, bezahlbar, trailerfähig und seetüchtig.

Mehr noch: Es ist der GFK-Klassiker schlechthin. Löffelbug und schmales Yachtheck, lange Überhänge sowie eine geringe Breite sprechen schon rechnerisch dafür. Mit einer Segeltragezahl von 4,4 ist es zudem ordentlich ausgestattet, um selbst bei Leichtwind gut zu funktionieren, wobei auch die schmale Wasserlinienbreite sprich geringe benetzte Fläche hilft. Bei mehr Wind gleicht der hohe Ballastanteil von 50 Prozent die Defizite der geringen Formstabilität wieder aus. Obendrein: Das Boot will mit Lage gesegelt werden, dann wächst die kurze Wasserlinienlänge von 6,30 Metern des 8,28 Meter langen Bootes leistungsfördernd an.

Gebrauchtboot-Steckbrief

  • Typ: H-Boot
  • Konstrukteur: Hans Groop
  • Gebaut: Ab 1967
  • Stückzahl: 5300
  • Gebrauchtbootpreis: ab ca. 12.000 €
  • Neubootpreis heute: 84.000 €

Das Unterwasserschiff zeigt sich gemäßigt. Zwar ist der Lateralplan im Gegensatz zum Folkeboot schon geteilt, aber das Ruder hängt an einem Halbskeg, und der Kiel ist relativ lang. Rumpf und Ballastträger sind quasi übergangslos miteinander verbunden; der sanfte S-Spant des Bootes fließt weiter in den Kiel. Die recht großflächige Flosse macht das Boot etwas schwerfällig in Wenden und Halsen, trägt aber zu einer gewissen Kursstetigkeit und geringer Abdrift bei niedrigen Geschwindigkeiten bei; mit dem H-Boot lässt es sich auch in engen Gewässern prima aufkreuzen. Dazu läuft es eine sehr gute Höhe. Mit Welle vermag die schlanke Schönheit ebenfalls gut umzugehen: Das V-spantige Vorschiff setzt weich ein.

Das Rigg ist sieben/achtel getakelt und kommt ohne Backstagen aus. Als Vorsegel sind auf Regatten nur eine Fock sowie ein Spinnaker erlaubt, der konventionell mit Baum gefahren wird. Der Mast ist flexibel und gut trimmbar, das Groß wird auf Regatten ohne Reff gefahren, bei Starkwind lässt es sich einfach flachziehen und per kräftigem Achterstagspanner oben gut öffnen.

Das H-Boot ist obendrein seetüchtig und hat dies nicht nur auf Fahrten in Küstennähe nachgewiesen; selbst eine Atlantiküberquerung ist verbrieft. Zum Touren bietet das Gefährt immerhin vier Kojen, etwas Stauraum und eine Sitzhöhe im Salon von 90 Zenti­metern (ohne Polster gemessen). Wasch­becken, Kühlbox und WC lassen sich installieren oder mobil an Bord holen.

Top Kombi für das H-Boot: Formen von Frauscher, Expertise von Saare-Yachts

Trotz aller Stärken und seglerischer Werte: Im Laufe der Zeit gerieten die Vorzüge des doppelten Nutzens immer mehr in den Hintergrund. Zum Regattasegeln kamen heißere Untersätze, wie die Liga der diversen Sportboote, eingeläutet mit der Melges 24 in den neunziger Jahren. Zum reinen Fahrten­segeln suchten Segler mehr Komfort und fanden den schon in jedem modernen kürzeren Kleinkreuzer. Ergo: Die Meldezahlen, die Neubauten und die Aktivitäten in der Klasse gingen etwas zurück, zumindest lohnte es sich für keine Werft mehr, H-Boote zu fertigen – zu gering die Marge, zu groß im Verhältnis der Aufwand eines klassenkonformen Baus.

Thomas Nielsen belebte den Neubau wieder. Und zwar in seiner Werft Saare-Yachts aus Estland, die komfortabel-gediegene, zeitlose und sehr gut segelnde Achter- und Mittelco*ckpityachten in der Größe von 38 bis 47 Fuß fertigt. Selbst langjähriger und erfolgreicher H-Boot-Segler, will Nielsen der Klasse helfen, seine Werft auslasten und zugleich ein neues H-Boot segeln können. Der Eckernförder erwarb zu diesem Zweck die Formen der österreichischen Frauscher-Werft, die anerkannt schnelle Exemplare gebaut hat, aber nun keine Segel-, sondern nur noch Motorboote fertigt.

Hürden auf dem Weg zum Neubau

Form kaufen und loslegen? Weit gefehlt: „Das ist nicht einfach. Nur ein Beispiel: Das Boot muss laut Klassenvorschrift aus Glas­fasermatten der Gewichtsklasse 680 Gramm pro Quadratmeter gebaut werden. Das Zeug gibt es aber nicht mehr. Wir konnten uns darauf einigen, dass wir das erhältliche 650- Gramm-Laminat plus eine weitere dünnere Lage verwenden“, so der Eckernförder. Das war noch nicht alles. Es gab keine Gussformen für den Kiel; die wurden anhand von alten Zeichnungen neu erstellt. Obendrein wird das Boot nun mit Vinylesterharzen hergestellt, die es osmoseresistent und fester werden lassen. Das Gesamtgewicht von 1450 Kilogramm trafen die estnischen Bootsbauer fast perfekt. Das Saare-H-Boot geriet lediglich vier Kilogramm zu leicht, was mit Ausgleichsgewichten egalisiert wird.

Lange wartete Nielsen auf eine Baulizenz: “Die Abstimmung mit der Klassenvereinigung und World Sailing ist zuweilen schwierig, aber wir bekommen das hin.“ Das Boot ist immer noch eine gelungene Kombination aus Sport und ein wenig Komfort. Was früher als agiles Tourenschiff durchging, würde jedoch heute als Daysailer bezeichnet. Die Ansprüche ändern sich eben.

Zudem bietet das Boot ein spannendes Regatta-Umfeld. Wer um die Tonnen segeln will, trifft besonders im Süden Deutschlands, in Österreich und in Skandinavien auf gute Konkurrenz. Es gibt hierzulande rund 1000 H-Boote, immerhin 150 davon finden sich in der Rangliste, und bei Weltmeisterschaften kommen 50 bis 70 Crews zusammen.

Auch gebraucht ist das H-Boot ein guter Tipp

Die Alternative zum neuen Saare-H-Boot ist ein gebrauchtes Exemplar. Das ist schon unter 10.000 Euro zu haben, ein gutes mit zwei Satz Segeln und Trailer kostet zwischen 12.000 und 25.000 Euro. Der Käufer sollte jedoch aufpassen: Bis zum Baujahr 1985 trat häufig Osmose auf. Wer sicher gehen will, macht sich sachkundig oder beauftragt einen Gutachter.

Ein weiterer typischer, aber einfach zu findender Schwachpunkt ist das Lenzsystem, dessen Schläuche porös geworden sein können. Ausgekreidetes Gelcoat ist auf älteren Booten ein rein visuelles Problem, das sich zudem beheben lässt. Auf Regatten gesegelte Boote können an den Wanten Haarrisse aufweisen, kommen aber meist mit vielen Segeln auf den Markt.

Egal ob neu oder gebraucht, das H-Boot steht hoch in der Gunst eines jeden Kenners. Thomas Nielsen auf seiner Website: „Sprechen Sie einen H-Boot-Segler auf seine Zeit mit dem Boot an. Er wird nicht aufhören zu schwärmen, und seine Augen werden leuchten.“ Da hat er einfach recht.

Was Käufer beachten sollten

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Foto: YACHT/Jozef Kubica

Das H-Boot ist langlebig, hat aber auch seine typischen Schwachstellen, die sich im Wert niederschlagen.

Modellhistorie

Das H-Boot wurde etwa 5300-mal und von acht Werften in Nordeuropa gebaut. Grö­ßere Veränderungen in der Fertigung oder Ausführung des Einheitsklassen-Typs gab es dennoch nicht, lediglich Kleinigkeiten im Deckslayout wurden modifiziert.

Marktsituation

Gebrauchte Boote finden Interessierte und Leidensfähige schon mal für unter 10.000 Euro, gepflegte Exemplare ab rund 20.000 Euro. Es lohnt der Blick in die Schweiz und nach Skandinavien. Auf Regatten intensiv beanspruchte Boote sind oft abgenutzter, kommen aber mit vielen Segeln.

Die Messwerte zum Test des H-Bootes

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Das H-Boot im Detail

H-Boot: Cruiser/Racer ist gebraucht und als Neubau ein Hitpaket (17)Kurze Wasserlinie, langer Kiel, ein schmales Groß und der runde Spi kennzeichnen das H-Boot | Zeichnung: YACHT/N. Campe

Technische Daten des H-Bootes

  • Konstrukteur: Hans Groop
  • Rumpflänge: 8,28 m
  • Wasserlinienlänge: 6,30 m
  • Breite: 2,18 m
  • Tiefgang: 1,30 m
  • Gewicht: 1,45 t
  • Großsegel: 14,8 m2
  • Fock: 10,2 m2
  • Spinnaker: 36,0 m2
  • Yardstick: 106

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf GFK-Volllaminat, Deck Schaum-Sandwich. Vinylesterharz. Deck-Rumpf-Verbindung überlaminiert

Preis und Werft

  • Grundpreis neu ab Werft: 84.900
  • Garantie/gegen Osmose: 2/5 Jahre

Stand 04/2024, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Werft

Vertrieb

Yachtsport Eckernförde, Tel. 04351/75 27 34; www.yse.de

YACHT-Bewertung des H-Bootes

Das H-Boot ist regatta- und fahrtenfähig, hochseetauglich, trailerbar, robust sowie lang­lebig, und es segelt hervorragend. Insgesamt ein Hitpaket

Konstruktion und Konzept

  • + Bewährtes zeitloses Design
  • + Gute Verbreitung
  • - Wenig Platz im co*ckpit

Segelleistung und Trimm

  • + Segelt schnell und hoch
  • + Setzt weich in die Welle ein
  • + Trimm- und steuersensibel
  • - Nicht gleitfähig

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Bewohnbar (Campingstandard)
  • - Wenig Stauraum außen

Ausrüstung und Technik

  • + Hochwertige Komponenten
  • + Gute Trimmeinrichtungen

Der Artikel erschien erstmals in YACHT 25/2020 und wurde für die Online-Version aktualisiert.

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